Bangladesch Teil 3: Besuch Einer Schule In Dhaka
Tag II: Die wichtige Rolle der Bildung
Nach einem besonders “proteinreichen” Frühstück im Hotel, bei dem sich eine kleine Kakerlake (vielleicht auch mehrere) in Markus Cornflakes geschlichen hatte, machten wir uns auf den Weg, um die privat finanzierte Schule Amader Pathshala, die Partnerschule des Friedrich-von-Alberti-Gymnasiums, zu besuchen.
Zugegeben war uns zu Beginn noch nicht so ganz klar, inwiefern eine Schule mit der Textilindustrie zusammen hängt, jedoch änderte sich das ziemlich schnell: Der Einblick in das bangladeschische Bildungswesen, verdeutlichte wie wichtig die Bildung der Kinder und die entsprechend qualitativen Betreuungseinrichtungen sind, um dem Kreislauf der Armut – und somit auch der Ausbeutung in der Textilindustrie – zu entkommen.
Unsere Fahrt, die eigentlich nur aus wenigen Kilometern bestand, dauerte wieder eine ganze Weile, da die Verkehrsbedingungen noch schlechter als am ersten Tag waren und es dank Regen und Erdrutschen zahlreiche Löcher auf der “Straße” gab.
Aufgrund der vielen kaputten Häuser und der Armut überall, dachten wir ja zuerst , dass wir uns nun vielleicht in einem Slum befinden, jedoch haben wir später herausgefunden, dass die Gegend immer noch zu den “besserer Gegenden“ Dhakas gehörte.
Nach gefühlten Stunden endlich angekommen, wurden wir freundlich von dem Direktor der Schule begrüßt, der uns erstmal ein paar spannende Infos über Amader Pathshala gab.
So wird die Partnerschule unserer Reisegruppe, der ein Teil der Gewinne der #changemaker Shirts gespendet wird, in erster Linie von Kindern und Jugendlichen zwischen 6 und 18 Jahren besucht, deren Eltern in der Textilindustrie tätig sind und der diskriminierten pakistanischen Minderheit angehören.
Sowohl die 200 Schüler*innen als auch die Lehrer*innen sind hoch motiviert. Was auch durch die Tatsache, dass die Lehrer*innen an dieser privat finanzierten Schule weit aus weniger als an einer staatlichen Schule verdienen, unterstrichen wird. Es handelt sich also gewissermaßen um eine Herzensangelegenheit, die Dank einzelner “Well-wisher”/Sponsoren, ermöglicht wird.
Da die Schule einen holistischen Ansatz hat, gibt es zudem keine Diskriminierung aufgrund von Religion, Geschlecht, Ethnie, etc..
In einem Dreischichtbetrieb werden die Schüler*innen an 6 Tagen der Woche, Samstag bis Donnerstag, in unterschiedlichen Fächern unterrichtet, wobei es an jedem Samstag ein kreatives und kulturelles Programm gibt, welches den Kindern Theater, Film, Tanz, PC und Kunst-AGs bietet.
Der Kontrast zwischen der trüben Außenwelt der Stadt und der Schule, die bunt verziert wurde und vor Leben und Energie nur so sprudelt, fiel uns besonders ins Auge. Ebenso auch die Tatsache, dass die Menschen hier auch wirklich ausgelassen lachen und miteinander Spaß haben können. Häufig bleiben die Schüler*innen auch noch nach ihrem Unterricht den ganzen Tag an der Schule, da es ihnen dort besser geht als in ihrem Zuhause, erklärt uns der Direktor.
Die Bildung hat einen bedeutenden Einfluss auf die Zukunft der jungen Menschen und die Einschulungsrate liegt momentan sogar bei circa 95 Prozent, jedoch verlässt ein großer Teil die Schule ohne Abschluss, was den Kindern natürlich keinen sozialen Aufstieg ermöglicht.
Gründe dafür sind oft die schlechte Qualität des Unterrichts an den staatlichen Schulen, da die Lehrkräfte dort oft unzureichend ausgebildet sind und zwischen 60 bis 100 Kinder in einer Klasse unterrichten müssen, sowie die strukturelle Voraussetzungen in den ländlichen Gebieten und Slums.
In Bangladesch besteht zwar eine Schulpflicht für Kinder zwischen 6 und 10 Jahren und der Unterricht an den staatlichen Schulen scheint auch auf den ersten Blick kostenfrei zu sein, jedoch verunmöglichen die versteckten Kosten für Hefte, Stifte, Lehrmaterialien und Prüfungszulassungen, gerade den Kindern benachteiligter Familien den Schulbesuch. Auch im ländlichen Bereich ist vielen Kindern keine Möglichkeit geboten um die Schule zu erreichen.
Die private Schule, die wir besucht haben, muss ebenfalls von den Eltern der Kinder mit einem kleinen Betrag bezahlt werden, was natürlich gewissermaßen auch ein Privileg ist.
Außer den staatlichen und privaten Schulen gibt es außerdem noch Religionsschulen, die komplett kostenfrei sind und daher auch von vielen Kindern besucht werden. Hierbei stehen die Lehrinhalte jedoch nur teilweise unter staatlicher Kontrolle, weshalb die Angst vor islamistischer Indoktrination zur Zeit sehr ansteigt.
Nachdem wir erst durch die Schule geführt worden sind, dem Unterricht etwas zuschauen durften und uns von den Schüler*innen in der Pause noch etwas Cricket beibringen lassen konnten (wobei wir gnadenlos versagten), hat uns die Tanz-AG noch ein paar bangladeschische Tänze vorgeführt.
Alles in allem? Ein richtig spannender Tag! Auch bei der gegenseitigen Präsentation der Amader Pathshala und des Friedrich-von-Alberti-Gymnasiums merkten wir schnell, dass die Schulen in ihrer Struktur zwar sehr unterschiedlich sind, die Schüler*innen jedoch trotz ihrer anderen Herkunft und Kultur gar nicht so extrem verschieden voneinander sind und genauso gerne lernen, Spaß haben, Lachen und Zeit mit Freund*innen verbringen.
Nach dem Besuch der Schule haben wir noch der NGO Dipshikha einen Besuch abgestattet und auch dort weitere Infos und Fakten zum bangladeschischen Bildungssystem im ländlichen Raum mitgenommen.
Die Highlights unseres Abenteuers könnt Ihr Euch auch in unseren Instagram-Story-Highlights anschauen!
Wichtig: da wir nur einzelne Einblicke bekommen haben und dabei merkten wie unglaublich komplex, die gesamte Situation vor Ort und die gesellschaftlichen Herausforderungen sind, spiegeln unsere Erfahrungen lediglich einen kleinen Teil und unsere persönlichen Erlebnisse wider und haben keinerlei Absolutheitsanspruch!
Die tollen Bilder hat Joshua Krull für uns aufgenommen, danke dafür!